Politik
Wir brauchen die Einsicht, dass eine grundlegende Wende in der Mobilfunkpolitik nötig ist, um schwere gesundheitliche und wirtschaftliche Schäden abzuwenden.
Bisher wiederholen staatliche Strahlenschutzbehörden noch die immer gleichen Unbedenklichkeitsbescheinigungen bezüglich Mobilfunkstrahlung.
Wir brauchen die Erkenntnis, dass die Minimierung der Belastung durch Hochfrequenzfelder ein lohnendes politisches Ziel ist, das sich mittel- und langfristig auch finanziell auszahlt. Der Schutz elektromagnetisch gering belasteter Gebiete ist wesentlich wichtiger als die totale Vernetzung des Verkehrs auch in den abgelegensten Winkeln.
Als Lebens- und Erholungsraum für elektrohypersensible Menschen und für Forschungszwecke sind elektromagnetisch unbelastete Gebiete zu erhalten und planvoll neu zu schaffen.
Eine Besteuerung von Mobilfunk-Emissionen wäre ein Anreiz, Sendeleistungen und damit verbundene Belastungen zu vermindern.
Richtfunkstrecken lassen sich durch Glasfaserkabel ersetzen.
Der Gesetzgeber sollte eingreifen, damit Menschen ohne Mobilgeräte nicht diskriminiert werden, zum Beispiel weil Mietfahrräder oder Mietwagen nur noch mit dem Smartphone buchbar sind.
Das Unrecht, dass jeder seine Nachbarn im Rahmen der maßlos überhöhten staatlichen Grenzwerte beliebig mit Hochfrequenzsignalen bestrahlen darf, ist zu beenden.
Dauerstrahlende DECT-Schnurlostelefon-Einzelstationen sollten verboten werden, da Alternativen schon erhältlich sind.
Bislang liefert die Industrie ihre Geräte oft im ständig strahlenden Zustand aus (sowohl DECT- als auch WLAN-Geräte). Dadurch werden viele Menschen einer Dauerbelastung ausgesetzt, weil sie nicht ahnen, dass sie sich einen Dauerstrahler ins Haus geholt haben. Die Industrie sollte gesetzlich oder per Verordnung verpflichtet werden, alle abschaltbaren Funkfunktionen im Auslieferungszustand zu deaktivieren und auf die Zusammenhänge in der Bedienungsanleitung hinzuweisen.
In öffentlichen Einrichtungen (Schulen, Kindergärten, Kliniken, Behörden) sollte der Einsatz von ständig strahlenden Geräten verboten und die Technik entsprechend umgerüstet werden.
Es bedarf mutiger und entschlossener Bürger und Politiker, um den nötigen Wandel herbeizuführen. Gesellschaftliches Bewusstsein und politischer Druck sind nötig, weil die Mobilfunkbetreiber vorrangig an der Maximierung ihres finanziellen Profits interessiert sind, die sie mit dem bisherigen Netzaufbau kurzfristig betrachtet am Besten erreichen.
Meist reagiert die Industrie erst, wenn der Staat entsprechende Bedingungen vorgibt. Auf einmal sind dann die Lösungen da, die vorher angeblich unmöglich waren.
Die Betreiber sollten durch schrittweise verschärfte staatliche Grenzwerte und Vorgaben gezwungen werden, die Mobilfunk-Netze und ihre Technik umzustellen.
Ein Netzumbau hin zu strahlungsarmen Konzepten birgt ein großes Beschäftigungspotenzial und Möglichkeiten einer sinnvollen wirtschaftlichen Entwicklung.
Internationale Gremien zum Thema Vorsorge
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat im Mai 2011 die nicht-ionisierende Strahlung des Mobilfunks als möglicherweise krebserregend eingestuft.
Das Europäische Parlament, die Europäische Umweltagentur und der Europarat ordnen die Mobilfunktechnologie als Risikotechnologie ein, die eine konsequente Vorsorgepolitik erfordert.
Europaparlament 2009
Im Beschluss des Europaparlaments „Die Gesundheitsproblematik in Zusammenhang mit elektromagnetischen Feldern“ vom 2. April 2009 wird neben den Forderungen zur Grenzwertsenkung, Aufklärung, Kinderschutz und zur Kennzeichnungspflicht auch ein einheitliches Genehmigungssystem für Sendeanlagen gefordert, ebenso wie Side-Sharing, Roaming und mehr Transparenz über Anlagenstandorte sowie die Erstellung von Expositionskarten und das Freihalten von Orten sensibler Nutzung wie Kindergärten, Schulen, Seniorenheimen und Krankenhäusern von Sendeanlagen.
Europäische Umweltagentur (EUA) 2007, 2011
2007 warnte die oberste Europäische Umweltbehörde vor den negativen gesundheitlichen Auswirkungen der Mobilfunkstrahlung insbesondere für Handynutzer, aber auch vor Mobilfunkstrahlung allgemein. Sie rät dazu, die Grenzwerte zu senken und eine Vorsorgepolitik zu betreiben. „Warum die Bevölkerung einer Gefahr aussetzen, wenn man jetzt etwas tun kann. Es ist Zeit für uns alle, öffentliche Entscheidungsträger, Eltern, jeden Einzelnen, in der Gesellschaft, sich den Hinweisen bewusst zu werden und dementsprechend zu handeln.“ Am 12.Oktober 2011 hat die EUA diese Forderungen an die politischen Entscheidungsträger nochmal wiederholt.
Europarat 2011
Das höchste beschlussfassende Gremium des Europarates, der Ständige Ausschuss, forderte am 27.05.2011 in seinem Beschluss „Die potentiellen Gefahren durch elektromagnetische Felder und ihre Auswirkung auf die Umwelt“ eine europaweite Wende in der Mobilfunkpolitik. Hierin werden die europäischen Regierungen aufgefordert, alles Erdenkliche zu tun, um die Strahlenbelastung durch elektromagnetische Felder zu reduzieren. Den Regierungen werden konkrete Sofortmaßahmen vorgeschlagen wie z.B. Aufklärungskampagnen, strenge Regeln für Mobiltelefone an Schulen, mehr Mitsprache bei der Standortfindung, kontinuierliche Überwachung aller Anlagen und die Anwendung des ALARA-Prinzips (As Low As Reasonably Achieveable – so gering wie in vernünftiger Weise möglich). Gefordert werden auch die Anerkennung der athermischen gesundheitsschädlichen Wirkungen der Mikrowellenstrahlung und die sich daraus ergebende zwingende Senkung der Grenzwerte sowie eine sofortige Vorsorgepolitik.
Zitate
„Bei konkretem Verdacht auf gesundheitliche Folgen neuer Techniken muss direkt reagiert und nicht abgewartet werden, bis die oft komplizierten Ursachen lückenlos nachzuweisen sind.“
„Wo ernsthafte oder irreversible Gesundheitsschäden drohen, darf wissenschaftliche Unsicherheit nicht benutzt werden, um kostenverursachende Maßnahmen, die Umweltschäden vorbeugen, zurückzustellen.“
Regierungschefs bei der Umweltkonferenz in Rio de Janeiro (2000)
„Nach dem Vorbeugeprinzip ist die Gesellschaft verpflichtet, umsichtige Maßnahmen zu ergreifen, wenn hinreichende wissenschaftliche Belege dafür vorliegen, aber nicht unbedingt 100%ige Beweise, dass Tatenlosigkeit schädliche Folgen haben könnte.“
Vertrag von Maastricht (Februar 1992)
© lillysmum / pixelio.de
„Die aufgeregte Diskussion in der Bevölkerung über die Kernenergie dürfte in Relation zu dem, was uns die Mobilfunknetze noch bescheren werden, nur ein laues Lüftchen gewesen sein.“
Bundespostminister Wolfgang Boetsch vor Journalisten in Bonn (1994)
„Ich will die D-Netz-Sender über mir wieder loswerden. Meine Gesundheit wird geschädigt.“
Peter Hintze, CDU-Generalsekretär, in den Medien zu einer Mobilfunkanlage über seinem Büro auf dem Dach des Konrad-Adenauer-Hauses in Bonn (1994)
„Viele Menschen fragen sich ernsthaft, warum ein hoher Mobilfunkmast mitten in einem Wohngebiet mal eben so errichtet werden darf, wo man sogar bei einer Gartenhütte mehr Auflagen hat.“
Dr. Gerd Oberfeld, Umweltmediziner der Landessanitätsdirektion Salzburg (2000)
„Alles Recht in der Welt ist erstritten worden, jeder Rechtssatz, der da gilt, hat erst denen, die sich ihm widersetzen, abgerungen werden müssen, und jedes Recht setzt die ständige Bereitschaft zu seiner Behauptung voraus.“
Rudolf von Jhering
„Heute liegt die politische Vernunft nicht mehr dort, wo die politische Macht liegt. Es muss ein Zustrom von Intelligenz und Intuition aus nicht offiziellen Kreisen stattfinden, wenn Katastrophen verhütet oder gemildert werden sollen.“
Hermann Hesse
„Man darf die Mehrheit nicht mit der Wahrheit verwechseln.“
Heidi Weibel
„Die Lebenswelt bleibt nur erhalten, wenn es mutige Menschen gibt, die gewissenhaft handeln.“
José Lutzenberger
„Je mehr Bürger mit Zivilcourage ein Land hat, desto weniger Helden wird es einmal brauchen.“
Franca Magnani
„Wo die Zivilcourage keine Heimat hat, reicht die Freiheit nicht weit.“
Willy Brandt
Quellen